Die digitale Transformation in der Wirtschaftsprüfung – Eine Branche im Umschwung?

An der Leuphana Universität Lüneburg forscht ein interdisziplinäres Team aus der Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik unter Leitung von Prof. Dr. Drews, Prof. Dr. Funk und Prof. Dr. Velte unter anderem an Themen der digitalen Transformation. Wir konnten den Ph.D. Student Felix Krieger gewinnen einen ersten Blog Beitrag über eine laufende Studie zum Thema „Digitalisierung und Big Data in der Wirtschaftsprüfung“ in unserem Blog zu veröffentlichen. Wir halten Sie selbstverständlich auf dem Laufenden und präsentieren die Ergebnisse der Studie, sobald uns diese vorliegen.

„Die digitale Transformation erfordert ein Umdenken in vielen Unternehmen und offenbart einen großen Handlungsbedarf. Es ist wichtig zu verstehen, dass die digitale Transformation keine Einbahnstraße ist und es agiler Methoden bedarf, um bestmöglich auf kontinuierliche Marktveränderungen zu reagieren.“

Prof. Dr. Paul Drews, Leuphana Universität Lüneburg

Unternehmen entwickeln Strategien zur digitalen Transformation, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten und ihr Geschäft so gleichzeitig zu schützen und auszubauen. Dies trifft auch auf die Wirtschaftsprüfung zu, einer Branche, die aktuell mit einem stagnierenden Umsatzwachstum zu kämpfen hat. Während der Einsatz von computergestützten Auditing Tools schon lange etabliert ist, ist die Branche dafür bekannt, in der Adaption neuer Technologien eher zögerlich und zurückhaltend zu sein.[1] Doch diese Mentalität bröckelt aktuell: Wirtschaftsprüfungsgesellschaften erkennen zunehmend die Potenziale von Technologien wie Blockchain, Softwarerobotern, künstlicher Intelligenz, Big Data und Data Science für die Abschlussprüfung.[2]

Vor dem Hintergrund der schwierigen Umsatzlage und dem wachsenden Kostendruck stellt sich für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zum einen die Frage, wie man durch diese Technologien den Prozess der Abschlussprüfung effizienter gestalten kann. Mandanten tragen diese Erwartungshaltung zunehmend auch an die Prüfungsgesellschaften heran, sodass der Druck steigt. Zum anderen stellt sich die Frage, ob und wie die Qualität der Prüfungsleistungen erhöht werden kann, um den Mehrwert der Prüfung für den Mandanten zu verbessern. Kurz- bis mittelfristig könnten Big Data und Data Science eine wichtige Rolle spielen. Data Science-Methoden, wie Process Mining, Machine Learning und schließende Statistik können eingesetzt werden, um aus den Finanzdaten der Unternehmen mehr und bessere Informationen zu generieren als bisher üblich ist.[3] Weiteres Potenzial steckt in der Anreicherung dieser Finanzdaten durch weitere, zusätzliche mandanteninterne und -externe Datenquellen, wie z.B. Sensordaten aus Logistik und Produktion oder digitalisierten Dokumenten. Dies ermöglicht dem Wirtschaftsprüfer einen umfassenderen Blick auf das Unternehmen und seine wirtschaftliche Situation. Um der Fülle und der strukturellen Komplexität solcher Daten Herr zu werden, kommen in anderen Wirtschaftszweigen Big Data Technologien wie z.B. NoSQL-Datenbanken oder Cluster Computing (Hadoop, Spark) zum Einsatz.

Das Phänomen der digitalen Transformation in der Abschlussprüfung ist äußerst facettenreich und wissenschaftlich bislang wenig untersucht. Drei interessante Themenfelder, die wir an der Leuphana Universität identifiziert haben, sind der aktuelle und zukünftige Technologieeinsatz und daraus resultierende Veränderungen am Markt, die Anpassung von Prüfungsstandards, sowie die Veränderung der Ausbildung. Bisher ist wenig darüber bekannt, welche Technologien in welchen Anwendungsszenarien bereits in der Wirtschaftsprüfung eingesetzt werden und wie diese hinsichtlich Kosten und Nutzen zu bewerten sind. Zentral ist dabei aber auch die Frage nach den potenziellen Veränderungen am Markt der Abschlussprüfung. Wirft man einen Blick auf das theoretisch zur Verfügung stehende Kapital für Forschung & Entwicklung der „Big 4“ Gesellschaften, so könnte der Eindruck entstehen, dass mittelständische Unternehmen abgehängt werden. Oder sind es die kleineren, in aller Regel flexibleren Gesellschaften oder Softwareanbietern, die mit innovativen oder gar disruptiven Lösungen den Markt aufmischen?

Längerfristig stellt sich auch die Frage der Anpassung der Prüfungsstandards. Ermöglichen etablierte und legal bindende Berufsstandards den Einsatz dieser Technologien? Werden sich die Standards verändern (müssen)? Wenn neue Verfahren substanziell bessere Ergebnisse liefern, wird es dann verpflichtend, diese einzusetzen?

Die Veränderungen werden auch die Ausbildung für angehende Wirtschaftsprüferinnen und -prüfer sowie das Berufsbild verändern. Dies betrifft sowohl die Ausbildung an Hochschulen als auch die Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer. IT-Kompetenz wird zunehmend gefordert sein, wenigstens aber die Fähigkeit, die relevanten Analysetools zu beherrschen. Prüfungsgesellschaften und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen sich darauf einstellen, sich mit den neuen technologischen Potenzialen in Fort- und Weiterbildungsprogrammen kontinuierlich auseinanderzusetzen.

Diesen und weiteren Themen widmet sich an der Leuphana Universität Lüneburg ein interdisziplinäres Forscherteam aus der Betriebswirtschaftslehre und der Wirtschaftsinformatik unter Leitung von Prof. Dr. Drews, Prof. Dr. Funk und Prof. Dr. Velte. In einer empirischen Studie untersuchen die Forscher derzeit den aktuellen Stand in der Praxis, laufende Projekte und die Erwartungshaltung für die Zukunft. Ziel ist es auf dieser Grundlage interessante Anwendungsfelder zu identifizieren, für die dann innovative Verfahren entwickelt sollen.

Wir freuen uns darauf, Sie hier im Blog von zapliance in einem weiteren Beitrag über den Stand der Studie auf dem Laufenden zu halten und erste Ergebnisse zu teilen. Bei Interesse wenden Sie sich gerne an Herrn Felix Krieger vom Institut für Wirtschaftsinformatik (felix.krieger@leuphana.de).

References

[1] Alles, M. G. 2015. “Drivers of the Use and Facilitators and Obstacles of the Evolution of Big Data by the Audit Profession,” Accounting Horizons (29:2), pp. 439–449.

[2] Appelbaum, D., Kogan, A., and Vasarhelyi, M. A. 2017. “Big Data and Analytics in the Modern Audit Engagement: Research Needs,” AUDITING: A Journal of Practice & Theory (36:4), pp. 1–27.

[3] Justenhoven, P., Sechser, J., and Loitz, R. 2017. “Digital Audits of Financial Statements: Study on the use of technology in finance and accounting,” PricewaterhouseCoopers GmbH WPG (ed.).

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