Der getarnte Profit mit der Umsatzsteuer in SAP

Wenn der Betriebsprüfer kommt gibt es so einige Herausforderungen, die es zu bewältigen gibt. In einigen Ausnahmefällen kündigt sich dieser jedoch vorher nicht an, weshalb Sie diesen Artikel genau lesen sollten. Alle Herausforderungen zu nennen würde den Rahmen eines Blog Artikels definitiv sprengen, weshalb wir uns auf den korrekten Vorsteuerabzug unter Verwendung von Skonti beschränken. SAP hat in diesem Zusammenhang leider eine ganz fiese Customizing Einstellung, die ein gefundenes Fressen für jeden Betriebsprüfer darstellt.

In einer vergangenen Blog Serie von 4 Artikeln haben wir das Thema Skonto bereits aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Damals ging es um das Verschenken von Skonto wegen schlecht gepflegter Zahlungsbedingungen, den Sie hier finden.

Bevor es interessant und spannend wird, wie man das Customizing von SAP austrickst, um im Bezug auf den Vorsteuerabzug bei der Verwendung von Skonti auf der sicheren Seite zu sein, betrachten wir zunächst die theoretischen Grundlagen. Nur so können wir die Gefahren entsprechend abschätzen und bewerten, ob Handlungsbedarf besteht, oder nicht. Wem die ganze Theorie zu viel des Guten ist, der klickt hier, um direkt zu den Customizing Einstellungen zu springen.

Vorsteuer? Skonto? SAP? Bemessungsgrundlage?

Um die Zusammenhänge der Begriffe klar abzugrenzen, müssen wir einen Blick in die allseits beliebten Gesetzestexte werfen. Im Umsatzsteuergesetz (UStG) wird man dann schnell fündig. § 10 („Bemessungsgrundlage für Lieferungen, sonstige Leistungen und innergemeinschaftliche Erwerbe“) dient als erste Anlaufstelle:

„(1) Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1) und bei dem innergemeinschaftlichen Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer.[…]“

Die Bemessungsgrundlage für die Vorsteuer ist folglich das Entgelt. Soweit so gut. Aber was passiert, wenn sich die Bemessungsgrundlage ändert, wie im Falle beim ziehen von Skonto?

Darauf weiß das Gesetz selbstverständlich auch eine Antwort in § 17 „Änderung der Bemessungsgrundlage“:

„(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen.[…]“

Dieser eine Satz klingt zunächst recht trivial, wenn man sich mit natürlichem Menschenverstand der Sache nähert. Selbstverständlich muss ich die Vorsteuer anpassen, wenn sich das Entgelt ändert, werden Sie denken, aber genau in dem Moment kommt der Faktor Mensch ins Spiel. In dem vorliegenden Szenario hat ein Mitarbeiter zwar die 2% Skonto auf den Nettobetrag gezogen, aber die volle Vorsteuer auf den ursprünglichen Bruttobetrag der Rechnung eingebucht.

„Das geht doch gar nicht.“

Doch leider geht das, wenn in SAP die entsprechenden Customizing Einstellungen nicht eingerichtet sind. Ganz unabhängig davon, ob ein menschlicher Fehler oder schiere Unwissenheit verantwortlich sind, bei einem systematischen Problem (was in diesem Zusammenhang leider häufig der Fall ist) können ganz schnell hohe Summen zusammenkommen. Sollte der Schwindel zudem auffallen, dann drohen wohl möglich auch noch hohe Strafen seitens der Finanzbehörden wegen Steuerhinterziehung.

Die Problematik des Vorsteuerprofits verbildlicht

Zu dem Umstand ein kurzes und knappes Beispiel. Angenommen wir bestellen Waren im Wert von 119 €, dann sieht die initiale Buchung auf unseren geliebten T-Konten, die Sie übrigens auch in zap Audit angezeigt bekommen, folgendermaßen aus:

SollHaben
bezogene Leistungen 100 €Verbindlichkeiten aus LuL 119 €
Vorsteuer 19 € 

Wenn die Verbindlichkeiten beglichen werden, 2% Skonto gezogen wird, aber die Vorsteuer nicht entsprechend des neuen Entgelts angepasst wird, dann folgt darauf diese Buchung:

SollHaben
Verbindlichkeiten aus LuL 119 €Bank 117 €
 Skonto-Ertrag 2 €

Verdeutlichen wir nochmal wo genau die Zahlen herkommen:

  1. 2% Skonto werden vom Nettopreis (bezogene Leistungen) entsprechend gezogen = 2 € Skonto-Ertrag
  2. Auf Basis des Entgelts wird die Vorsteuer nicht berichtigt = 19 € Vorsteuer werden bei der Finanzbehörde eingefordert

Aus dem Umstand lässt sich der Profit / Gewinn / die Steuerhinterziehung wie folgt berechnen:

  1. Die zu zahlenden 117 € brutto/ 1,19 = 98,31 € netto entspricht 18,69 € Vorsteuer
  2. Aus der Differenz der eingeforderten 19 € und den eigentlichen 18,69 € Vorsteuer ergibt sich dann ein Steuerbetrug von 0,31 €

Ein Steuerbetrug von 0,31 € vermag erstmal nicht viel sein, aber betrachtet man die geringe Rechnungssumme, dann ist das auch nicht verwunderlich. Bedenkt man, dass Unternehmen im Jahr schnell Rechnungen mit weit mehr als 50. oder 100. Millionen Euro Volumen haben, dann wären das prozentual umgerechnet bereits ein Schaden von 200.000 € für die Finanzbehörde. Immer noch kein Problem?

Wie das Problem im Customizing von SAP in den Griff zu bekommen ist

Viele Wege führen für gewöhnlich nach Rom und so auch in diesem Fall. Um das Customizing für ein bestimmtes Konto (In diesem Fall „Skonto-Ertrag“) zu ändern, navigieren Sie entweder über „Rechnungswesen – Finanzwesen – Hauptbuch – Stammdaten – Sachkonten – Einzelbearbeitung – Im Buchungskreis“, oder verwenden schnell und unkompliziert die Transaktion „FSS0“. Daraufhin öffnet sich die SAP Sicht: „Sachkonto anzeigen: Buchungskreisdaten“.

Unter Umständen stehen Sie aber genau jetzt vor dem nächsten Problem:

„Wie war nochmal die Kontonummer des Kontos „Skonto-Erträge?“

Ein kurzer Klick in das Feld Sachkonto und dann auf die kleine Schaltfläche rechts daneben öffnet ein neues Dialogfenster mit diversen Reitern. Navigieren Sie zu „Sachkontenbezeichnung im Kontenplan“ und geben Sie im Feld Sachkontenlangtext „Skonto“ ein. Danach auf das erscheinende grüne Gleichheitszeichen klicken und aus der Selektion „Größer als oder gleich einschließen“ auswählen. Zweimal mit „Enter“ bestätigen et voilà: Skonto-Ertrag und Skonto-Verlust erscheinen ganz oben in der Liste.

Wählen Sie das Konto Skonto-Ertrag aus und bestätigen Sie nochmal mit „Enter“. Erst dann werden die Daten in der Maske aktualisiert.

Der spannende Teil der Maske ist im nachfolgenden Screenshot rot gekennzeichnet:

In dem Bereich „Steuerkategorie“ sollte ein „Minus“ eingetragen und der Haken bei „Buchung ohne Steuer erlaubt“ entfernt werden. Zu den Einstellungen gelangt man über das Stift Symbol, das mit einer (1) im Bild markiert ist und die Aufschrift „Ändern“ enthält. Weiterführende Informationen zu dem Thema finden Sie z.B. hier.

Wo die Gefahr schlummert

Neben der angemeldeten Außenprüfung von Betriebsprüfern haben die Finanzbehörden jederzeit die Möglichkeit eine sogenannte Umsatzsteuer-Nachschau durchzuführen, die in §27b UStG festgehalten ist:

(1) Zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer können die damit betrauten Amtsträger der Finanzbehörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheblich sein können (Umsatzsteuer-Nachschau). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden.

Wie kann ich mich bestmöglich schützen?

Getreu dem Motto: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, sollten Sie ein Auge auf das Phänomen werfen. Das Ändern der Customizing Einstellungen ist allerdings nur die halbe Wahrheit, weil die Einstellungen nicht rückwirkend überprüft werden. Daher haben wir einen Indikator entwickelt, der automatisiert prüft, ob Sie von dem beschriebenen Phänomen der „Vorsteuer bei Skontoinanspruchnahme nicht berichtigt“ betroffen sind. Dieser befindet sich noch im Beta-Status, allerdings kann er über eine Einstellung in zap Audit aktiviert werden und wurde als Vorschlag von einem unserer Kunden eingereicht und von uns kostenlos umgesetzt. Sie haben Fragen, oder wollen wissen wie genau? Dann melden Sie sich:

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