Bilanzkosmetik oder –manipulation?

Bilanzmanipulationen haben spätestens mit den Fällen von Enron und WorldCom einen medienwirksamen Auftritt hingelegt. Doch davon abgesehen gab es auch in jüngster Vergangenheit eine Reihe von Ungereimtheiten, die vor nahezu keiner Branche halt gemacht haben. Ganz aktuelle Fälle finden sich z.B. auch Fälle in der italienischen Serie A, wo gleich zwei Klubs der Zwangsabstieg in die 2. Liga droht. Zudem werden die Prozesse um den Ex-Monte-Paschi Chef Fabrizio Viola und den Bawag-Prozess, bei dem gleich 9 Personen angeklagt waren, mit großer Spannung erwartet. Wir haben die jüngsten Fälle mal zum Anlass genommen einen Einblick auf mögliche Bilanzmanipulationen zu geben und stellen in der nächsten Woche weitere Fälle beispielhaft vor.

Eine Bilanzmanipulation ist im Gegensatz zur Bilanzkosmetik eine bewusste und in voller Absicht erfolgte Falschdarstellung des Jahresabschlusses und/oder Lageberichtes und somit ein Straftatbestand. Obwohl Bilanzmanipulationen nur einen relativ geringen Anteil an allen Arten von Wirtschaftskriminalität haben, ist die durchschnittliche Schadenshöhe bei einer Fälschung von Jahresabschlüssen mit einem Wert von über 200 Mio. € mehr als beachtlich![1] Auffällig ist zudem die Korrelation zwischen dem finanziellen Schaden für das Unternehmen und der Hierarchieebene des Täters. So sind Schäden, die auf durch die Unternehmensführung begangenen Delikten beruhen, bis zu 13-mal höher als die von Angestellten in nicht leitenden Positionen.[2]

Das ist typisch bei den bisherigen Fällen einer Falschbilanzierung

Bei der Aktivierung von Vermögen

  • Überbewertung von Vermögen durch Unterlassen von gesetzlich vorgeschriebenen Abschreibungen
  • Aktivierung von selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen, ohne dass die Voraussetzungen für die Aktivierung erfüllt sind
  • Aktivierung von Reparaturen als Herstellungskosten anstelle der Erfassung als Erhaltungsaufwendungen
  • Aktivierung von geleasten Vermögensgegenständen
  • Ausweis von nichtexistierenden Maschinen oder Vorräten
  • Doppelerfassung von Vorräten
  • Ausweis nicht vorhandener Fertigerzeugnisse
  • unterlassene Korrektur von nicht werthaltigen Forderungen
  • Ausweis fiktiver Bankguthaben

Bei den Rückstellungen und Verbindlichkeiten:

  • Unterlassen der Bildung einer Rückstellung trotz gesetzlicher Pflicht
  • Nichtausweis drohender Verluste aus schwebenden Geschäften als Rückstellung im HGB
  • Nichterfassen von existierenden Verbindlichkeiten und Bankdarlehen
  • Verstoß gegen das Saldierungsverbot
  • Missbrauch von Sale-and-lease-back-Verträgen durch Verkauf fiktiver Vermögensgegenstände

Fingierte Umsatzerlöse, z. B.:

  • Ausweis von Scheingeschäften mit fiktiven Geschäftspartnern
  • Vorverlagerung zukünftiger Umsatzerlöse und damit ein Verstoß gegen das Realisationsprinzip
  • Ausweis von Kapitaleinzahlungen der Gesellschafter als Umsatzerlöse
  • Dreiecksgeschäfte durch gegenseitige Mietverträge, bei dem zum einen Umsatzerlöse und zum anderen zusätzliche Mietaufwendungen gebucht werden
  • Erfassung durchlaufender Beträge als eigene Umsatzerlöse

Bei den Aufwendungen:

  • Gehaltszahlungen an fiktive oder ausgeschiedene Mitarbeiter
  • Rentenzahlungen auf Namen bereits verstorbener ehemaliger Mitarbeiter
  • Saldierung von Aufwendungen und Erträgen trotz des sog. Saldierungsverbotes
  • Stornierung von Scheinumsätzen mit fiktiven Geschäftspartnern durch Ausweis eines sonstigen betrieblichen Aufwands anstelle der Minderung von Umsatzerlösen
  • Abschreibung einer Forderung und Zahlungseingang auf dem privaten Bankkonto
  • Laut der Bilanzen werden mehr Produkte verkauft als der Markt nachfragt.

Nachdem dieser Artikel etwas kürzer war, stellen wir im nächsten Blog Artikel einige Bilanzskandale der jüngsten Vergangenheit vor und gehen nochmal etwas detaillierter auf die entsprechenden Fälle und Gegebenheiten ein.

Quellen:
[1]Vgl. KPMG, Wirtschaftskriminalität in Deutschland – Fokus Mittelstand, Köln 2010, S. 8-9, abrufbar unter: http://www.kpmg.de/docs/
20091220_Wirtschaftskriminalitaet.pdf (Stand 8.4.2010).


[2] Vgl. ACFE, Report to the Nation On occupational Fraud and Abuse, Austin 2006, S. 5, abrufbar unter: www.acfe.com/documents/2006-
rttn.pdf (Stand 20.5.2011).

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